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Marktsignale aus Kreditumfrage gewinnbringend lesen
Wie Sie die Bundesbank-Umfrage richtig lesen und teure Fehler durch Fake News vermeiden
“Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten steigt sprunghaft an” titelt das Handelsblatt am 15.10.2024. Zitiert in dem Artikel auch ein “Analysehaus”, das bereits im September schreibt: “Der Aufschwung ist da!”. Investoren greifen das als “#Turnaround am ImmoMarkt” gerne auf. Was ist wirklich dran an den genutzten Umfragedaten der Deutschen Bundesbank? Eine Vorwarnung: Als Privatinvestor mit Ziel eigenes Mehrfamilienhaus mag das folgende zu weit gehen. Beschränken Sie sich gerne auf die Schlussfolgerungen.
Inhaltsübersicht
0 Einführung
Die Deutsche Bundesbank veröffentlicht quartalsweise das Ergebnis einer Umfrage zum Kreditgeschäft in Deutschland – der deutsche Beitrag des EU-weiten Bank Lending Survey. Aktuell letzte Ausgabe vom 15.10.2024.
Befragt wird darin schon seit Jahrzehnten eine kleine Auswahl der rund 1500 deutschen Banken, aktuell sind es 33. Um welche Banken es sich genau handelt, ist geheim. Nicht nur das, zur Anonymisierung (Verschleierung?) kommt bei der Auswertung der Umfrage ein Verfahren zur Anwendung, dass es unmöglich macht, harte Fakten abzuleiten.
Stattdessen präsentiert die Bundesbank Tendenzen in Graphen, in die der oberflächliche Leser alles mögliche hineininterpretieren kann – insbesondere das, was er will. Ich wäre sehr überrascht, wenn der Durchschnittsleser (oder -reporter) wirklich versteht, was er sieht. Die nach oben und unten zackenden Kurven sehen verführerisch aus, wie ganz gewöhnliche positive und negative Signale: “Wohnungskredite werden wieder mehr/weniger nachgefragt.” DIE Information lässt sich tendenziell auch aus manchem Graph ableiten. Aber nicht so, wie man denkt.
Im folgenden zeige ich Ihnen mal genauer,
über was ich rede;
wie die Daten und Graphen wirklich zu interpretieren sind;
warum die aktuellen Aussagen aus der Presse recht abenteuerlich sind; und
warum ich die Daten für wichtige Entscheidung nur mit Vorsicht heranziehen würde.
Fazit: Glauben Sie nichts, was Sie nicht im Zinshaus-Investor nachgelesen haben, oder von mir persönlich erfragt haben. Manche Trends auf dem Kreditmarkt sind tatsächlich teilweise positiv. Ob es sich aber um langfristige Trends oder kurzfristige Korrekturen handelt, ist offen. Unternehmenskredite weisen in jedem Fall eher auf eine weiter anstehende Wirtschaftskrise hin.
1 Schlussfolgerungen zur Finanzierungs-Lage vorab
Der Rest dieses Artikels ist tatsächlich eher für den wirklich Detail-Interessierten. Als Privatinvestorin mit wenig Zeit, die einfach nur ein Mehrfamilienhaus mit größtmöglichem Erfolg bauen will, hier daher vorweg die für Sie relevanten Schlussfolgerungen, die man aus der Veröffentlichung der Bundesbank wirklichen ziehen kann.
Um dabei Begriffe wie “Kreditrichtlinien” und “Kreditbedingungen” ganz richtig interpretieren zu können, werden Sie dann leider doch ein bisschen weiter lesen müssen. Die ungefähre Idee bekommen Sie auch ohne das.
1.1 Zusammenfassung für Privatinvestoren im Bereich Mietwohnungsbau
Hier sind die direkten Auswirkungen für Sie als Privatinvestor, der ein Mehrfamilienhaus bauen oder sanieren möchte:
Hauptpunkt | Was bedeutet das? | Auswirkungen für Sie |
---|---|---|
1. Straffung der Kreditrichtlinien für private Wohnungsbaukredite | Banken haben ihre internen Kriterien für die Vergabe von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte erneut verschärft. | Es wird schwieriger, eine Kreditzusage zu erhalten. Die Banken prüfen Kreditnehmer strenger hinsichtlich Bonität und Risiko. |
2. Lockerung der Kreditbedingungen für Wohnungsbaukredite | Trotz strengerer Richtlinien haben Banken die tatsächlichen Kreditbedingungen, wie Zinssätze und Margen, verbessert. | Wenn Sie die strengeren Kriterien erfüllen, profitieren Sie von günstigeren Konditionen, was Ihre Finanzierungskosten senken kann. |
3. Steigende Kreditnachfrage im Wohnungsbau | Es gibt eine erhöhte Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten, getrieben durch positivere Aussichten am Immobilienmarkt und das gesunkene allgemeine Zinsniveau. | Ein höheres Interesse am Immobilienmarkt kann zu steigenden Immobilienpreisen führen, bietet aber auch Chancen für rentable Investitionen aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Mietwohnungen. |
4. Keine geplanten weiteren Straffungen für Wohnungsbaukredite im nächsten Quartal | Banken planen derzeit keine zusätzlichen Verschärfungen ihrer Kreditrichtlinien für Wohnungsbaukredite im vierten Quartal 2024. | Die aktuellen Bedingungen bleiben voraussichtlich stabil, was Planungssicherheit für Ihr Projekt bietet. |
5. Pessimistische Wirtschafts- und Markterwartungen | Banken erwarten eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und planen daher, die Kreditrichtlinien für Unternehmenskredite wieder zu straffen. | Obwohl dies primär Unternehmen betrifft, könnte eine allgemeine wirtschaftliche Abschwächung indirekt auch den Immobilienmarkt beeinflussen. Es ist wichtig, makroökonomische Entwicklungen im Auge zu behalten. |
6. Positive Auswirkungen der EZB-Leitzinsentscheidungen auf das Zinsergebnis der Banken | Die bisherigen Leitzinssenkungen haben das Zinsergebnis der Banken verbessert, aber für die Zukunft wird ein negativer Effekt erwartet. | Kurzfristig können Sie von niedrigen Zinsen profitieren, aber es besteht das Risiko, dass die Finanzierungskosten mittelfristig steigen. |
1.2 Mögliche Empfehlungen für Privatinvestoren
Vorbereitung ist entscheidend: Aufgrund strengerer Kreditrichtlinien sollten Sie Ihre finanzielle Situation sorgfältig analysieren und optimal präsentieren. Eine solide Bonität und ein überzeugendes Finanzierungskonzept erhöhen Ihre Chancen auf eine Kreditzusage.
Nutzen Sie günstige Konditionen: Wenn Sie die Kreditkriterien erfüllen, können Sie von attraktiven Kreditbedingungen profitieren. Es lohnt sich, verschiedene Angebote zu vergleichen und eventuell über Festzinsvereinbarungen nachzudenken, um sich gegen zukünftige Zinsänderungen abzusichern.
Marktentwicklung beobachten: Die steigende Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten und positive Marktaussichten können auf gute Investitionsmöglichkeiten hindeuten. Allerdings sollten Sie auch mögliche Risiken durch wirtschaftliche Unsicherheiten berücksichtigen.
Zeitliche Planung: Da keine weiteren Straffungen der Kreditrichtlinien für Wohnungsbaukredite im nächsten Quartal geplant sind, könnte dies ein günstiger Zeitpunkt sein, um Ihr Projekt voranzutreiben.
Langfristige Strategie entwickeln: Berücksichtigen Sie in Ihrer Planung mögliche zukünftige Veränderungen im Zinsumfeld und der wirtschaftlichen Lage. Eine flexible Finanzierungsstrategie kann helfen, langfristige Risiken zu minimieren.
1.3 Fazit vorab
Der Bundesbank-Bericht signalisiert für Privatinvestoren im Mietwohnungsbau sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Während es schwieriger geworden ist, einen Kredit zu erhalten, sind die Konditionen für diejenigen, die die Kriterien erfüllen, attraktiv. Die steigende Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten und positiven Marktaussichten unterstützen Ihr Vorhaben, ein rentables Mehrfamilienhaus zu bauen oder zu sanieren. Dennoch ist Vorsicht geboten angesichts möglicher wirtschaftlicher Unsicherheiten. Eine gründliche Vorbereitung und strategische Planung sind daher unerlässlich für den Erfolg Ihres Projekts.
Beachtenswert hier ist noch, dass die Lagebeurteilung vor allem für private Wohnungskredite gilt. Zur Steueroptimierung (👉 Mehrfamilienhaus bauen oder sanieren und Steuern sparen) und insbesondere Abschreibungsoptimierung (👉 Mehrfamilienhaus Steuern sparen mit Restnutzungsdauer-Gutachten ) macht das für Sie bei entsprechend hohem Privateinkommen auch Sinn.
Sobald Sie allerdings für den Bau eine GbR mit gewerblicher Tätigkeit (Weiterverkauf, gewerbliche Vermietung), GmbH oder noch aufwändigere Unternehmensform nutzen, sollte der Kredit auch unter Firmenkredit fallen. Die dafür in der Bundesbank-Umfrage beschriebene Lage ist anders als die für private Wohnungsbaukredite.
Nun zu den Details:
2 Grundsätze der vorliegenden Daten
Die Bundesbank befragt Banken zu drei Arten von Krediten:
Unternehmenskredite
Privatkredite (“Kredite an private Haushalte”)
Wohnungsbaukredite
Konsumentenkredite und sonstige Kredite
Zu jeder Kreditart fragt die Umfrage dann drei Arten von Informationen ab:
Kreditrichtlinien
Kreditbedingungen
Weitere Information wie die Nachfrage direkt
Zu jeder Kreditart und Informationsart erfragt die Umfrage dann den Status als einer der folgenden 5 Werte:
deutliche gelockert
leicht gelockert
unverändert
leicht verschärft
deutlich verschärft
Die Antwort einer Bank kann also zum Beispiel sein: “Die Kreditrichtlinien bei privaten Wohnungsbaukrediten haben sich in unserem Haus in diesem Quartal leicht verschärft”.
Kreditart, Status und Nachfrage sind als Begriffe wohl selbsterklärend. Was aber genau sind Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen, und wie unterscheidensie sich von “Kreditkonditionen” als den Begriff den ich in meinem Sprachgebrauch typischerweise nutzen würde?
2.1 Kreditrichtlinien
Kreditrichtlinien sind die internen Vorgaben und Kriterien einer Bank für die Gewährung von Krediten. Sie dienen als Leitfaden für die Kreditprüfung und -entscheidung. Sie umfassen die grundlegenden Prinzipien, nach denen eine Bank entscheidet, ob sie einen Kredit vergibt, und unter welchen Umständen sie dies tut.
In die Kreditrichtlinien gehen zum Beispiel ein:
Bonitätsanforderungen: Mindestkriterien für die Kreditwürdigkeit von Kunden.
Risikopolitik: Festlegung der Risikobereitschaft und Risikotoleranz der Bank.
Sicherheitenpolitik: Anforderungen an Sicherheiten und deren Bewertung.
Branchen- und Sektorenpräferenzen: Bevorzugte oder ausgeschlossene Branchen.
Maximale Kreditbeträge: Begrenzungen für bestimmte Kreditarten oder Kundengruppen.
Regulatorische Anforderungen: Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben und Auflagen.
Die Bank steuert über die Richtlinien ihr Kreditrisiko und stellt sicher, dass das Kreditgeschäft im Einklang mit ihrer Strategie und Risikopolitik steht.
Kreditrichtlinien dienen als Grundlage für die Genehmigung oder Ablehnung von Kreditanträgen und damit zur Entscheidungsfindung.
2.2 Kreditbedingungen
Kreditbedingungen sind die tatsächlichen Bedingungen, die in einem Kreditvertrag zwischen der Bank und dem Kreditnehmer vereinbart werden. Sie umfassen alle vertraglichen Vereinbarungen, die die Rechte und Pflichten beider Parteien regeln.
Dazu gehören zum Beispiel:
Zinssätze: Nominalzins, Effektivzins, variabel oder fest.
Laufzeit und Tilgungsplan: Gesamtdauer des Kredits und Rückzahlungsmodalitäten.
Gebühren und Kosten: Bearbeitungsgebühren, Bereitstellungszinsen, Vorfälligkeitsentschädigungen.
Sicherheitenvereinbarungen: Art und Umfang der gestellten Sicherheiten.
Covenants: Vertragsklauseln, die bestimmte Handlungen des Kreditnehmers regeln oder einschränken.
Kündigungsrechte: Bedingungen, unter denen der Kredit gekündigt werden kann.
Sonstige Vertragsbedingungen: Beispielsweise Bedingungen zur Verwendung der Kreditsumme.
Die Kreditbedingungen sind rechtsbindend und legen die konkreten Rahmenbedingungen für den Kredit fest. Sie können auch auf die spezifischen Bedürfnisse und die Situation des Kreditnehmers zugeschnitten werden.
2.3 Kreditkonditionen
Die im Sprachgebrauch üblichen Kreditkonditionen beziehen sich in der Regel speziell auf die finanziellen Aspekte eines Kredits, hauptsächlich die Kosten und Preiskomponenten. Sie sind ein Teil der Kreditbedingungen, konzentrieren sich aber auf die wirtschaftlichen Parameter. Darunter inhaltlich insbesondere:
Zinssätze: Nominal- und Effektivzins.
Gebühren: Bearbeitungsgebühren, Kontoführungsgebühren.
Disagio oder Agio: Abschläge oder Aufschläge auf die Kreditsumme.
Rabatte oder Boni: Zinsvergünstigungen bei bestimmten Bedingungen.
Tilgungsmodalitäten: Einfluss auf die Kosten durch unterschiedliche Tilgungsformen (Annuität, endfällig, etc.).
⚠️ Auf die verschiedenen Arten von Krediten wie Annuitätsdarlehen werde ich an andere Stelle noch näher eingehen.
Die Kreditkonditionen bestimmen also die Gesamtkosten des Kredits für Sie als Kreditnehmer. Nützlich sind sie vor allem auch zum Vergleich verschiedener Kreditangebote hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit.
2.4 Bedeutung für Sie als Privatinvestor
Kreditrichtlinien beeinflussen Ihre Chancen, einen Kredit zu erhalten. Strengere Richtlinien können bedeuten, dass die Bank höhere Anforderungen an Ihre Bonität stellt oder bestimmte Projekte nicht mehr finanziert.
Kreditbedingungen bestimmen die Rahmenbedingungen Ihres Kredits, sofern Sie aufgrund der Kreditrichtlinien überhaupt einen Kredit erhalten! Änderungen an den Bedingungen können sich auf Sicherheiten, Laufzeiten oder Vertragsklauseln auswirken. Kreditkonditionen, als Teil der Bedingungen beeinflussen die Kosten Ihres Kredits. Verbesserte Konditionen (z. B. niedrigere Zinsen) reduzieren Ihre Finanzierungskosten und erhöhen die Rentabilität Ihres Projekts.
2.5 Bedeutung der Daten für die gesamtwirtschaftliche Lage
Ganz offensichtlich hängt die Vergabe von Krediten von zwei Stellschrauben ab, die hintereinander geschaltet zu betrachten sind, wie bei einem Fluss mit zwei aufeinanderfolgenden Talsperren.
Bei scharfen Kreditrichtlinien ist der Strom von Kandidaten, die einen Kredit erhalten können, eingeschränkt. Bei scharfen Kreditbedingungen ist der Kreis von Investoren reduziert, für die die Kredite akzeptabel und brauchbar sind, um ein rentables Neubau- oder Sanierungs-Projekt umzusetzen.
Selbst wenn eine Bank die markbesten Konditionen anbietet, also Kredite zum Beispiel mit minimalen oder selbst negativen Zinsen vergibt, die Richtlinien aber so weit verschärft, dass kaum ein Bauherr Sie jemals erfüllt, dann sind diese Konditionen mit Sicherheit kein gutes Signal. Es ist dann nicht zu erwarten, dass die Kreditvergabe angekurbelt wird und mehr gebaut wird.
3 Anwendung und Interpretation der abgefragten Informationen
Wie zeigt die Bundesbank nun die von deutschen Banken gesammelten Umfragedaten? In einem aggregierten “nettosaldo” Format und das sieht so aus.
3.1 Interpretation am Beispiel
Nehmen wir das Beispiel Kreditrichtlinien für private Wohnungsbaukredite. Von der Bundesbank grafisch aufbereitet sieht das für den Oktober 2024, also das 3. Quartal 2024, und die Vor-Quartale bis in 2019 zurück so aus:
Betrachten wir nur den linken Teil, die Daten für Deutschland. Die Werte für alle Quartale in 2024 bisher liegen bei 7. Die genaue Zahl liegt dabei zur Bestätigung in der ebenfalls veröffentlichten Tabelle vor. Darin findet sich auch die zugehörige Frage:
Frage 10: Wie haben sich die Kreditrichtlinien (credit standards) Ihres Hauses für die Gewährung von Krediten an private Haushalte in den letzten drei Monaten verändert? Bitte beachten Sie, dass diese Frage auf die Veränderungen bei den Kreditrichtlinien zielt, und nicht auf deren Niveau.
Zuerst ist anzumerken: Die Umfrage befasst sich nicht mit absoluten Vergleichswerten. Es geht nur um die Tendenz zum Vorquartal. Zum Beispiel ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau im Vorquartal katapultiert auch eine leicht steigende Tendenz das Niveau sicher nicht auf ein bahnbrechend höheres Level.
Was bedeutet nun die “7”? Dazu der Vermerk unter der Graphik:
Differenz aus der Summe der Angaben “deutlich verschärft” und “leicht verschärft” und der Summe der Antworten “etwas gelockert” und “deutlich gelockert”.
Ich stelle fest:
Informationen zu einem unveränderten Niveau, also der Banks Antwort “alles beim Alten” bleiben außen vor, genau wie
die Unterscheidung zwischen “deutlich” und “leicht”.
Ferner handelt es sich bei den Zahlen um Prozentzahlen. (Die Berechnungsformel definiert die Bundesbank in einer Excel-Datei hier.)
Ich interpretiere die Grafik mit dem 7er-Update also mal für Sie:
Wir wissen aus dem Kleingedruckten, dass es aktuell 33 Banken gibt, die die Umfrage beantworten; 32 haben dieses mal tatsächlich geantwortet.
7 meint +7%. Von 32 Banken macht das dann anzahlmäßig 2 Banken.
Dies ist die Differenz zwischen der Anzahl an Banken, die mindestens eine leichte Verschärfung vs. Anzahl solcher, die mindestens eine leichte Lockerung berichten. Also können die absoluten Zahlen an Banken mit Lockerungs vs. Verschärfung sein: 0 vs. 2, 1 vs. 3, ... oder 15 vs. 17. Mehr wissen wir nicht.
Da es ferner keine Differenzierung zwischen "deutlich" und "leicht" gibt, kann die Zahl also bedeuten:
(a) 2 Banken berichten eine leichte Verschärfung, sonst keine Änderung
bis zu
(b) 17 Banken berichten eine deutliche Verschärfung bei 15 Banken mit leichter Lockerung.
Die Spanne der Aussagen ist in jedem Fall groß – insbesondere, weil man nicht wenigstens ableiten kann, wieviele Banken von keiner Änderung berichten.
Übrigens: In den außerordentlichen Sonderfragen des Quartals zeigt sich: Antwort 3 (= keine Änderung) ist die Standardantwort fast aller Banken auf fast alle Fragen. Die Vermutung liegt nahe, dass das bei der oben analysierten Frage nicht unähnlich ist. Die zusammenfassende Antwort also möglicherweise: “Keine wesentliche Änderung.”
3.2 Wo kommt also die “sprunghaft gestiegene Wohnungsbaukredit-Nachfrage” her?
Zwei weitere Datenpunkte gibt es noch:
Die zuvor erläuterten Kreditbedingung.
Eine direkte Frage nach der Kredit-Nachfrage.
Datenpunkt 1 zuerst: Frage 12 im Antwortenbogen liefert dazu:
-7, -4, -7 und -15
für Kreditbedingungen insgesamt in den Monaten Januar, April, Juli und Oktober 2024 sowie als Zusatzinformation
./., -11, -7, -15
für die tatsächlichen Zinssätze. Negative Zahlen in der zweiten Reihen weisen auf eine Zinssenkung bei einer überwiegenden Zahl von Banken hin, was für Sie als Investor gut ist, zumindest aus Sicht der Bank allerdings nicht unbedingt förderlich ist.
Interpretation: Leichte Lockerung der Bedingungen durch etwas niedrigere Zinsen. Und das im Trend, der sich über das Jahr leicht verstärkt hat. Nichts bahnbrechendes.
Nun zu Datenpunkt 2 und der spannendsten Zahl: Der Kredit-Nachfrage-Tendenz, diese wieder Teil der grafischen Aufarbeitung der Bundesbank:
Die Zahlenreihe aus dem Graphen für Deutschland, diesmal von Januar 2023 bis Oktober 2024 (die Tabelle findet sich unter Frage 18 im PDF-Datenblatt):
2023: -93, -75, -32, -32
2024: -7, 46, 30, 44
Interpretation: In 2023, nach tendenziell kontinuierlich signifikant gelockerter Nachfrage in 2022, eine weiterhin stetige Abnahme der Nachfrage, nur tendenziell nicht mehr ganz so stark. Lediglich ganz am Ende von 2023 übertrifft die Anzahl der Banken, die eine Tendenz nach oben melden wieder die Anzahl von Banken, bei denen die Nachfrage weiterhin nach unten geht.
Beispiel Q3/2023: Die “-32” bedeutet, dass 32 % oder, absolut, 10 Banken (Annahme: mindestens 32 von 33 haben zu der Zeit an der Umfragen teilgenommen) mehr eine nachlassende Nachfrage gemeldet haben als Banken mit Meldung einer zunehmende.
⚠️ Hier liegt dann wohl auch der Hase im Pfeffer bei etablierten Medien und Laien: Der Zacken nach unten und wieder oben in 2022 und 2023 sagt eben NICHT, dass die Nachfrage ab halber Strecke wieder zunimmt, schon gar nicht rapide!
Erst im Übergang zu 2024 erfolgt der Sprung auf 46 % mehr Banken mit Nachfrageanzugs-Meldung vs. Nachlass. Auch das weist ganz und gar nicht auf eine bestimmte Quantität des Sprungs hin. Es besagt lediglich dass ca. 15 mehr der Banken einen steigenden Trend bei der Nachfrage beobachten als Banken mit fallender. Da es ingesamt nur 33 partizipierende Banken sein können, können es maximal 24 Banken mit positivem Trend sein vs. dann notwendigerweise 9 Banken mit nach wie vor negativem Trend. Wahrscheinlicher dürfte es sein: 15 Banken mit (leicht?) positivem Trend und alle anderen Banken ohne Änderung.
Interessanterweise wird der Graph je aussagekräftiger, desto weiter die Kurve ausschlägt - eine der vielen Kuriositäten des Formats, in dem die Bundesbank die Umfrageergebnisse meldet. Beim lokalen Minimum in Q4/2022 von 90 %, müssen mindestens 29 Banken (Annahme wieder: alle 33 Banken haben an der Umfrage teilgenommen) eine nachlassende Nachfrage gemeldet haben. Maximal können es 31 gewesen sein. Sie sehen: Die Spanne des Ratens wird sehr viel kleiner.
Wo zeigt sich nun der in der Presse gemeldete Sprung in Q3/2024? Die Kurve zeigt ein kleines “V”, der gemeldete Trend has sich zwischen Q1 und Q3 nicht wesentlich geändert und die positive Nachfrageentwicklung, die die Banken in Q1 gemeldet haben, war sogar größer als die in Q3.
Es handelt sich also um einen kontinuierlichen Trend seit Anbeginn des Jahre. Und wie gesagt, wie groß dieser quantitativ ausgefallen ist, oder ob es sich um “leichte” oder “deutliche” Änderungen handelt, lässt uns die Bundesbank gar nicht wissen.
4 Schlussfolgerung
Ich mache es kurz:
Statt einer “sprunghaften Steigerung der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten” wie vom Handelsblatt getitelt, ist die anhand der Umfragedaten der Bundesbank wirklich belegbare Aussage:
Bei tendenziell leicht verschärften Kreditrichtlinien erhöht sich die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten seit Q1 2024 tendenziell kontinuierlich zumindest modest.
Die öffentliche Interpretation zeigt dabei, dass die Zahlen schwer zu interpretieren sind und daher leicht zu Missinformationen führen können. Gegeben die Rolle der Vergabe von Krediten für die Wirtschaft, können solche Missinformationen signifikante Auswirkungen haben.
Auch die vom Handelsblatt zusätzlich noch zitierte Analysefirma tappt scheinbar in die gleiche Berichts-Falle. Selbst deren Zahlen zum tatsächlichen Neugeschäft zeigt: Noch ist das Finanzierungsniveau der letzten zwei Jahre einschließlich dem aktuellen UNTER dem Level aller vorhergehender Jahre seit mindestens 2015.
Letztes Fazit in eigener Sache: Wenn’s wirklich wichtig für Sie ist, fragen Sie gerne bei mir direkt nach oder lesen Sie Der Zinshaus-Investor, diesen Newsletter.
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