Mehrfamilienhaus bauen oder sanieren und Steuern sparen

Schritt-für-Schritt-Steuerstrategie für die Übertragung, Renovierung und Vermietung eines kleinen Mehrfamilienhauses

Mehrfamilienhaus Steuern strategisch optimieren – © 2024 blue media labs GmbH

Inhaltsübersicht

0 Einführung

Kürzlich wurde ich von Eigentümern kontaktiert, die ein Mehrfamilienhaus von ihren Eltern übernehmen sollen. In diesem Artikel zeige ich, wie dieser Prozess – ob bei der Übergabe oder beim Neubau eines Mehrfamilienhauses – steuerlich optimiert werden kann, um spätere Nachteile zu vermeiden.

Ich habe die wichtigsten Schritte und Fragen zusammengestellt, die ich, in diesem Fall der Tochter, zur Vorbereitung auf das Gespräch mit ihrem Steuerberater empfohlen habe, um Steuern bei der Übergabe, Renovierung und Vermietung des Mehrfamilienhauses zu sparen.

Meine folgenden Hinweise lassen sich allerdings auch auf den Bau oder Neubau eines Mehrfamilienhauses anwenden, etwa bei der Erbschaft eines Grundstücks oder beim Neubau auf einem bestehenden Grundstück. Einige Schritte wie Erbschaftsregelungen entfallen, aber die Steueroptimierung bleibt relevant. Das Nießbrauchsrecht, bei dem die Eltern nach der Übergabe weiterhin im Haus wohnen, habe ich nicht berücksichtigt, da die Immobilie in diesem Fall bereits nicht mehr bewohnt ist.

👨‍🏫 Tipp: Steuerberater arbeiten oft reaktiv. Es ist ratsam, gut vorbereitet ins Gespräch zu gehen, um die Steueroptimierung aktiv zu gestalten.

DISCLAIMER: Wie alles, was ich schreibe, stellen die Informationen in diesem Artikel keine Steuer- oder Finanzberatung dar. Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Hinweise. Für individuelle Beratung wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater. Möglicherweise kann ich Ihnen einen empfehlen.

1 Grundsätzliche Steuerstrategie für den Mehrfamilienhaus-Neubau

In der Übersicht:

  • 🏠 Bewertung und Kaufpreisaufteilung optimieren – Eine höhere Gebäudebewertung erhöht Ihre Abschreibungsmöglichkeiten.

  • 🎁 Freibeträge nutzen – Schenkungsfreibeträge (bis zu 800.000 Euro, Stand 2024) ausnutzen.

  • 💡 15%-Regel beachten – Sanierungskosten innerhalb der ersten drei Jahre optimieren.

  • 💸 Renovierung clever finanzieren – Zinsen können als Werbungskosten abgesetzt werden, um Mehrfamilienhaus-Steuern zu senken,

  • 🛠️ Vermietungsart klären – Langzeit- oder möblierte Vermietung je nach steuerlichen Vorteilen.

  • 📅 Langfristig planen – Steuerfreier Verkauf nach 10 Jahren oder Überführung in eine vermögensverwaltende GmbH.

1.1 Vor der Übergabe des Mehrfamilienhauses

🏡 Kaufpreisaufteilung und Bewertung
Lassen Sie die Immobilie bewerten, um den Anteil von Grundstück und Gebäude zu bestimmen. Eine höhere Gebäudebewertung ermöglicht höhere Abschreibungen (2% über 50 Jahre für Altbauten, oder verkürzt durch ein Nutzungsdauergutachten). Diese Bewertung hilft auch, die Schenkungs- oder Erbschaftsteuer korrekt zu berechnen. 

Beispiel: Wird der Gebäudeanteil auf 70% angesetzt und die Immobilie auf 1 Million Euro geschätzt, können jährlich 14.000 Euro abgeschrieben werden. Das ist besonders relevant, wenn Sie ein Mehrfamilienhaus bauen und später vermieten.

🎁 Freibeträge bei Schenkung nutzen
Eltern können Immobilien bis zu einem Freibetrag von 400.000 Euro pro Elternteil steuerfrei auf die Kinder übertragen (insgesamt 800.000 Euro, Stand 2024). Sollte der Wert der Immobilie diesen Freibetrag übersteigen, kann eine schrittweise Schenkung über mehrere Jahre sinnvoll sein. Die Freibeträge erneuern sich alle 10 Jahre, was Ihnen Planungsspielraum verschafft.

1.2 Bei der Übergabe

💼 Kaufpreisaufteilung festlegen
Stellen Sie sicher, dass im Übertragungsvertrag der Kaufpreisanteil für das Gebäude möglichst hoch angesetzt wird. Das ist entscheidend für zukünftige Abschreibungen nach der Renovierung. Je höher der Anteil des Gebäudes, desto höher die jährliche Abschreibung. Auch hier kann ein steuerlicher Vorteil durch eine klare Aufteilung zwischen Grundstück und Gebäude erzielt werden.

1.3 Nach der Übergabe, vor der Renovierung

📝 Nutzungsdauer-Gutachten in Auftrag geben
Ein Nutzungsdauergutachten kann die steuerliche Abschreibung optimieren, indem es die Abschreibungsdauer verkürzt (z.B. auf 20 Jahre anstelle von 50 Jahren). Dies erhöht die jährlichen Abschreibungen.
Vorsicht: In Fällen, in denen die Mieteinnahmen eher niedrig ausfallen und die Sie die Abschreibung nicht auf andere Einnahmen wie ein hohes Gehalt anwenden können, sollten Sie prüfen, ob eine hohe Abschreibung überhaupt sinnvoll ist.

Beispiel: Bei einer verkürzten Nutzungsdauer von 20 Jahren wäre die jährliche Abschreibung bei einem Gebäudewert von 700.000 Euro = 35.000 Euro.

💡 Finanzierungsstrategie prüfen
Überlegen Sie, die Renovierungskosten über ein möglichst hohes Darlehen zu finanzieren. Das ist entscheidend für die bestmögliche Rendite allgemein. Und die Zinsen sind in vollem Umfang als Werbungskosten absetzbar und können somit die steuerliche Belastung senken. Besonders bei niedrigen Zinssätzen lohnt sich diese Strategie oft langfristig – gerade, wenn Sie Ihr Mehrfamilienhaus langfristig vermieten wollen.

1.4 Während der Renovierung

🔧 Sanierungskosten und 15%-Regel beachten
Die Renovierungskosten sollten innerhalb der ersten drei Jahre nach der Übergabe 15% des Gebäudewertes nicht überschreiten, damit sie sofort als Werbungskosten abgesetzt werden können. Andernfalls müssen die Kosten über die restliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Dies ist ein entscheidender Punkt, um hohe Steuerbelastungen in den ersten Jahren zu vermeiden. Dokumentieren Sie alle Kosten detailliert, um steuerliche Vorteile geltend machen zu können.

Beispiel: Wenn der Gebäudewert 700.000 Euro beträgt, dürfen die Sanierungskosten innerhalb der ersten drei Jahre nicht mehr als 105.000 Euro betragen, um sie direkt absetzen zu können.

⚠️ Aufgrund des Zeitwerts von Geld ist es NICHT egal, ob Sie eine insgesamt fixe Abschreibung früher oder später in Anspruch nehmen! Geld, dass Sie später wiederbekommen, hat weniger Wert. Die Rechnung machen ich Ihnen an anderer Stelle noch konkret auf.

1.5 Nach der Renovierung, vor der Vermietung

🏠 Vermietungsart festlegen: Langzeit oder möbliert
Bei langfristiger Vermietung können alle Kosten – inklusive Zinsen, Renovierungskosten (innerhalb der 15%-Regel) und Abschreibungen – steuerlich geltend gemacht werden. Eine möblierte Vermietung bringt oft höhere Mieteinnahmen, wird aber häufig als gewerbliche Tätigkeit eingestuft, was zu einer Umsatzsteuerpflicht führen kann. Hier ist eine genaue Abwägung nötig, besonders wenn es darum geht, Mehrfamilienhaus-Steuern richtig zu nutzen.

Wichtig: Um die gewerbliche Einstufung zu vermeiden, sollte die Mindestmietdauer in der Regel drei Monate betragen.

Einige Aspekte der Art der Vermietung müssen Sie möglicherweise auch bereits weit vor der Renovierung, oder beim Mehrfamilienhaus-Neubau, vor dem Bauen in Erwägung ziehen. Die idealen Wohnungsgrößen zum Beispiel können für die Kurz-, Möbliert- oder Langzeit-Vermietung deutlich unterschiedlich sein.

1.6 Langfristig: Verkauf oder Vermietung

📅 Steuerfreier Verkauf nach 10 Jahren
Wenn die Immobilie langfristig im Privatvermögen der Tochter bleibt, könnte ein Verkauf nach 10 Jahren steuerfrei erfolgen (§ 23 EStG). Alternativ kann auch eine „Ehegattenschaukel“ genutzt werden: Nach 10 Jahren kann die Tochter die Immobilie an den Ehepartner verkaufen, um steuerliche Vorteile zu nutzen und die Abschreibungen neu zu starten.

🏢 Überführung in eine VV GmbH
Wenn die Tochter langfristig im Immobilienbereich tätig sein möchte, könnte es sinnvoll sein, die Immobilie in eine vermögensverwaltende GmbH (VV GmbH) zu überführen. Die Mieteinnahmen werden dann mit nur ca. 15% Körperschaftsteuer versteuert, was besonders bei höheren Einnahmen vorteilhaft ist. Außerdem bietet die GmbH Möglichkeiten zur steuerbegünstigten Reinvestition, insbesondere auch durch eine noch darüber hinaus gehende Holdingstruktur.

2 Weitere Hinweise

Für die darüber hinaus gehende Optimierung der Steuerstrategie gibt es noch ein paar Zusatzüberlegungen.

In der Übersicht:

  • 🎁 Schenkungsfreibeträge optimal nutzen – Durch stufenweise Übertragungen können Freibeträge maximal ausgenutzt werden.

  • 🌍 Steuerliche Anmeldung bei Auslandswohnsitz – Stellen Sie sicher, dass Einkünfte korrekt versteuert werden, auch bei Wohnsitz im Ausland.

  • 📑 Renovierungsmaßnahmen dokumentieren – Eine detaillierte Dokumentation sichert Ihre steuerlichen Vorteile.

  • 🛋️ Möblierte Vermietung prüfen – Klären Sie die steuerlichen Auswirkungen einer gewerblichen Vermietung.

  • 📅 Langfristig planen: Veräußerung oder VV GmbH – Steuerfreie Veräußerung nach 10 Jahren oder Gründung einer vermögensverwaltenden GmbH in Betracht ziehen.

  • 💡 Förderprogramme nutzen – KfW und andere Förderungen können die Renovierungskosten deutlich senken.

2.1 Vor der Übergabe

📊 Prüfung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer
Wenn die Eltern bereits ausgezogen sind und das Nießbrauchrecht nicht mehr relevant ist, ist es wichtig, den Wert der Immobilie korrekt zu ermitteln, um die Schenkungssteuerfreibeträge optimal zu nutzen. Eine sorgfältige Bewertung kann die Steuerlast beim Mehrfamilienhaus deutlich reduzieren.

🔄 Teilübertragung und Steuerfreibeträge optimal nutzen
Wenn der Wert des Mehrfamilienhauses die Schenkungssteuerfreibeträge überschreitet, könnte eine Teilübertragung in mehreren Schritten sinnvoll sein. Da die Freibeträge alle 10 Jahre erneut genutzt werden können, ermöglicht eine stufenweise Übertragung erhebliche steuerliche Vorteile.

2.2 Nach der Übergabe, vor der Renovierung

🏢 Vorbereitung auf Vermietung und steuerliche Anmeldung
Falls die Tochter im Ausland lebt, sollte sie in Deutschland eine Steuernummer beantragen, um die Einkünfte aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses korrekt zu versteuern. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem Wohnsitzland müssen ebenfalls geprüft werden, um steuerliche Vorteile zu nutzen.

💰 Kredite im Ausland
Falls eine Finanzierung für die Renovierung des Mehrfamilienhauses geplant ist, könnte es sinnvoll sein, einen Kredit im Ausland aufzunehmen. Die Zinsen können weiterhin in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden, solange sie auf die deutsche Immobilie bezogen sind.

2.3 Während der Renovierung

🛠️ Renovierungsmaßnahmen sorgfältig planen und dokumentieren
Ein detaillierter Renovierungsplan ist wichtig, um steuerliche Probleme zu vermeiden. Die exakte Dokumentation der Maßnahmen hilft, die 15%-Regel einzuhalten und die Kosten für die Renovierung des Mehrfamilienhauses später als Werbungskosten geltend zu machen. Dies ist entscheidend, um Mehrfamilienhaus-Steuern effektiv absetzen zu können.

2.4 Nach der Renovierung, vor der Vermietung

🛋️ Möblierte Vermietung: Gewerblichen Status prüfen
Falls die Immobilie möbliert vermietet werden soll, muss geprüft werden, ob dies als gewerbliche Tätigkeit eingestuft wird. Dies kann zur Umsatzsteuerpflicht führen, bringt aber auch Vorteile wie den Vorsteuerabzug für Möbel mit sich. Bei der Vermietung eines Mehrfamilienhauses als möblierte Wohnung sollten Haftungsaspekte und die Gewerbesteuerfreiheit ebenfalls berücksichtigt werden.

2.5 Langfristige Planung

📅 Veräußerung und Ehegattenschaukel
Die „Ehegattenschaukel“ nach 10 Jahren lohnt sich nur, wenn auch der Ehepartner die Immobilie langfristig nutzen oder weitervermieten möchte. Planen Sie frühzeitig, wie die Immobilie nach der 10-Jahres-Frist optimal genutzt werden kann, um den steuerfreien Verkauf des Mehrfamilienhauses zu realisieren.

Mehrfamilienhaus-Steuern optimieren mit Ehegattenschaukel – © blue media labs GmbH

🏢 Gründung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft
Wenn die Tochter plant, weitere Immobilien in Deutschland zu erwerben, sollte die Gründung einer vermögensverwaltenden GmbH oder GbR in Betracht gezogen werden. Eine GbR bietet Flexibilität, während eine GmbH steuerliche Vorteile bei der Besteuerung der Mieteinnahmen und der Veräußerung von Mehrfamilienhäusern bietet.

💡 KfW-Förderprogramme und staatliche Zuschüsse nutzen
Last, but not least: Überprüfen Sie mögliche Förderprogramme, insbesondere für energetische Sanierungen ‼️ Das KfW-Programm „Bauen im Bestand“ oder regionale Förderungen können die Sanierungskosten für Ihr Mehrfamilienhaus senken und steuerliche Vorteile bieten.

3 Weitere Fragen und Antworten

3.1 Gilt der Ausbau eines Dachs dann als Neubau und kann auch so gefördert werden?

Der Ausbau des Dachs zu Wohnraum gilt als Modernisierung, nicht als Neubau. Neubauförderungen sind daher meist nicht anwendbar. Der Ausbau kann jedoch förderfähig sein, wenn er mit einer energetischen Sanierung verbunden ist oder in bestimmten Regionen als Schaffung von zusätzlichem Wohnraum gilt.

👉 Tipp: Prüfen Sie regionale Fördermöglichkeiten und fragen Sie einen Steuerberater oder Experten für Fördermittel.

Ich werde versuchen, auch derartige Förderungen in die Übersicht, die ich vorbereite, aufzunehmen.

Energetisches Sanieren mit Dachausbau kein Neubau – © blue media labs GmbH

3.2 Für Erbschaftsfreibeträge ist ein möglichst gering angesetzter Wert vorteilhaft. Zur Abschreibung aber ein möglichst hoher. Wie lässt sich dies vereinen?

Das sind tatsächlich zwei Aspekte, die im Widerspruch stehen: Ein niedriger Wert hilft bei der Schenkungssteuer, während ein hoher Gebäudeanteil die Abschreibung optimiert. Hier sind Ansätze, wie beides optimiert werden kann:

Vor der Übertragung:
Ein Gutachten zur Wertminderung durch Mängel oder Sanierungsbedarf kann helfen, den Wert für die Schenkungssteuer niedrig anzusetzen.

Nach der Übertragung:
Eine neue Kaufpreisaufteilung mit Fokus auf einen hohen Gebäudeanteil hilft, die Abschreibungen zu maximieren. Auch Modernisierungen steigern den Gebäudeanteil.

Beispiel:
⬇️ Bei der Schenkungssteuer kann ein niedriger Wert für das Gebäude (z.B. durch Berücksichtigung von Sanierungsbedarf) helfen, unter den Freibetrag von 800.000 Euro zu fallen.
⬆️ Nach der Übertragung sollten Sie ein Gutachten erstellen lassen, das den Gebäudeanteil möglichst hoch ansetzt, um von höheren Abschreibungen zu profitieren.

🤷‍♂️ Zum Abschluss eine allgemeine, persönliche Frage, die auch ich mir noch nicht beantworten konnte
Insgesamt scheint es auch relevant, den Aufwand für die ganzen Gutachten immer mit dem potenziellen finanziellen Vorteil zu vergleichen. Nur wenn der Vorteil signifikant genug ist, lohnt sich der Aufwand – und das lässt sich letztlich nur in der Praxis zeigen.

P.S. Warum ist es “Ehegattenschaukel”? Man spielt sich doch das Haus hin und zurück zu. Wäre “Ehegattenwippe” da nicht viel passender?

Ehegattenwippe, nicht Ehegattenschaukel, zur Optimierung der Mehrfamilienhaus-Steuern!?
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