2 teure Missverständnisse bei der Mehrfamilienhaus-Finanzierung

Praxis-Tipps für Privatinvestoren zu Baukredit, Eigenkapital und Rentabilität 2024

Inhaltsübersicht

Im Folgenden räume ich mit mindestens zwei großen Missverständnissen bei Kreditfinanzierung des Neubaus eines Mehrfamilienhauses zur Vermietung (Zinshaus) auf. Gleichzeitig nutze ich die Gelegenheit, die grundlegenden Arten von Bankkrediten aufzuzeigen. Bei allem geht es dabei um unseren typischen Fall eine kleineren Mehrfamilienhauses.

1 Ausgangssituation

Hatte ich doch kürzlich ein längeres Gespräch mit Herrn L. aus dem Hamburger Raum. Der hat unseren Mehrfamilienhaus-Baukostenrechner benutzt, um die Baukosten eines hypothetischen Mehrfamilienhauses für ein zum Kauf stehendes Grundstück zu bestimmen. Ziel: Die mögliche Rendite zu bestimmen, zum Beispiel so wie ich in meinem Artikel zur Bruttoanfangsrendite beschreibe.

Die eigentlich größte Frage dabei:

Wie viel Eigenkapital (EK) muss ich denn aktuell mitbringen, und wann reichen also Gespartes plus Gehalt, um sich den Neubau leisten zu können?

Die entscheidende Annahme dabei:

Die Bank wird sicherstellen, dass ich Zinsen und Tilgung ab Tag 1 nach Baufertigstellung über mein Gehalt noch decken kann, ohne zu verhungern.

2 Die Kurzfassung der Antwort vorweg

Hier vorab die unspektakuläre Zusammenfassung der Antwort. Details folgen.

  1. Ein Mietshaus baut man normalerweise mit einem Kredit, für den man erst nach der Baufertigstellung anfängt, Zinsen und Tilgung zu zahlen.

  2. Zinsen und Tilgung sollten sich ab Tag 1 aus den Mieteinnahmen begleichen lassen – auch nach Abzug von Nebenkosten.

  3. Man braucht also zum Loslegen nur ausreichend Eigenkapital und ggf. Bereitstellungsgebühren für den Kredit. Das 'Draufzahlen aus dem laufenden Gehalt während des oder nach dem Bau sollte also nur in Ausnahmesituationen nötig sein.

Sollten sich bei Ihnen wesentlich schlechtere Zahlungsmodalitäten ergeben, ist das Projekt entweder ein Sonderfall, den Sie sehr gut verstehen. Oder Sie sollten das ganze Projekt noch einmal überdenken.

3 Die 2 großen Missverständnisse, die Sie unnötig von Ihrem Bauprojekt abschrecken im Detail

In den Annahmen versteckt sind gleich zwei Missverständnisse:

  1. Annahme: Sie zahlen das Bankdarlehen aus Ihrem laufenden Gehalt ab.

  2. Annahme: Sie zahlen für das Darlehen, sobald Sie es unterschrieben haben.

Beides wäre für Sie eine außergewöhnliche Belastung und würde das Risiko der Zahlungsunfähigkeit erhöhen. Und das weiß auch die Bank.

Natürlich kann man ein Bankdarlehen auf ganz verschiedene Weisen strukturieren – auch abhängig von der eigenen Finanz- und insbesondere auch Steuersituation.

Richtig ist aber in aller Regel:

  1. Ihr Mietshaus-Neubau zahlt sich selbst ab; und das ab Tag 1 nach Fertigstellung.

  2. Sowohl Tilgung als auch Zinsen fallen erst nach Fertigstellung Ihres Mehrfamilienhauses an.

Das Ganze gilt für die wohl Standard-Finanzierungs-Struktur beim Mehrfamilienhaus-Neubau zur Vermietung.

Ihr neues Zinshaus soll sich selber abzahlen. Ab Tag 1. Sie bringen nur das Eigenkapital mit.

Stefan Scholz, Stadtblick Architekten

4 Die Standard-Struktur einer Mietshaus-Neubau-Finanzierung

Der typische Ablauf bei der Bezahlung des Mehrfamilienhaus-Projekts sieht so aus:

  1. Eigenkapital wird zuerst eingesetzt.

  2. Dann erfolgt die Auszahlung des Bankkredits in Tranchen nach Baufortschritt.

  3. Tilgung und Zinsen beginnen erst mit Baufertigstellung, wenn bereits Mieteinnahmen fließen.

Das Grundstück muss natürlich, wenn nicht schon im Besitz, auch noch finanziert werden. Andernfalls kann es die EK-Anforderungen erfüllen, aber keine Rechnungen zahlen.

Ein konkretes Beispiel zur Veranschaulichung. Nehmen wir ein typisches Projekt:

  • Investitionsvolumen: 1.200.000 €

  • Davon Eigenkapital: 300.000 € (25%)

  • Bauzeit: 18 Monate

  • Erwartete Jahresnettomiete: 72.000 € (6% Mietrendite; z.B. 400 qm Mietfläche zu 15 € Miete pro qm)

  • Aktuelle Zinsen (2024): 4,2% p.a.

  • Tilgung: 2% initial

Die monatliche Rate nach Fertigstellung beträgt damit etwa 4.650 €. Die Mieteinnahmen von 6.000 € monatlich decken diese Rate plus Rücklagen für Instandhaltung und mögliche Mietausfälle.

Während der Bauphase fallen bei nicht abgerufenen Mitteln nur Bereitstellungszinsen von etwa 0,3% p.a. an - bei durchschnittlich 600.000 € nicht abgerufener Summe also etwa 2.700 € für die gesamte Bauzeit.

Das Ganze nennt sich Baukredit oder im Fachjargon Forward-Darlehen.

5 Die wichtigsten Kreditarten für Ihr Mehrfamilienhaus

Der Baukredit (Forward-Darlehen)

Für Neubauprojekte ist der Baukredit, auch Forward-Darlehen genannt, das Standardinstrument der Finanzierung. Er zeichnet sich durch seine baubegleitende Struktur aus: Die Bank zahlt die Kreditsumme in Tranchen entsprechend dem Baufortschritt aus. Erst nach Fertigstellung beginnen Sie mit der Tilgung und Zinszahlung - genau dann, wenn auch die ersten Mieteinnahmen fließen.

Typischerweise verlangt die Bank 20-30% Eigenkapital, aktuell auch noch deutlich mehr. Während der Bauphase fallen lediglich Bereitstellungszinsen auf noch nicht abgerufene Summen an.

Warum Bereitstellungszinsen? Bereitstellungszinsen beim Forward-Darlehen haben wichtige Funktionen für die Bank:

  • Sie hat das Geld bereits reserviert und kann es nicht anderweitig anlegen

  • Kompensation für entgangene Zinserträge

  • Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken während der Bauphase

Alternative Darlehensformen

Die folgenden Kreditarten kommen meist bei Bestandsimmobilien zum Einsatz, können aber in bestimmten Situationen auch für Neubauprojekte interessant sein:

Das Annuitätendarlehen

Das Annuitätendarlehen ist der Klassiker der Immobilienfinanzierung. Seine Besonderheit: Sie zahlen über die gesamte Laufzeit eine gleichbleibende monatliche Rate. Was sich ändert, ist die Zusammensetzung: Anfangs überwiegt der Zinsanteil deutlich, mit der Zeit verschiebt sich das Verhältnis zugunsten der Tilgung. Diese Berechenbarkeit macht das Annuitätendarlehen besonders für langfristige Planungen attraktiv.

Das Tilgungsaussetzungsdarlehen

Eine interessante Option für Investoren in hohen Steuerklassen bietet das Tilgungsaussetzungsdarlehen. Hier zahlen Sie während der Laufzeit nur die Zinsen - die komplette Tilgung erfolgt erst am Ende. Meist wird dies mit einem Tilgungsersatz kombiniert, etwa einer Lebensversicherung. Der steuerliche Vorteil: Die Zinszahlungen können Sie vollständig als Werbungskosten geltend machen.

Das Endfällige Darlehen

Beim Endfälligen Darlehen zahlen Sie, ähnlich wie beim Tilgungsaussetzungsdarlehen, während der Laufzeit nur Zinsen. Der entscheidende Unterschied: Die Tilgung am Ende erfolgt aus eigenen Mitteln, ohne zwischengeschaltetes Ansparprodukt. Diese Variante eignet sich besonders für Projekte mit geplantem Verkauf oder wenn Sie mit einer erheblichen Wertsteigerung rechnen.

6 Wichtige Risiken im Blick behalten

Auch wenn sich die Finanzierung selbst tragen soll, bleiben Risiken, die Sie durch ausreichend Liquiditätsreserven absichern sollten:

  1. Bauverzögerungen und Kostensteigerungen

  2. Anfängliche Mietausfälle oder Leerstand

  3. Unvorhergesehene Reparaturen

  4. Zinsänderungsrisiko nach Ablauf der Zinsbindung

Eine Liquiditätsreserve von 5-10% der Investitionssumme ist ratsam.

7 Aktuelle Marktsituation beachten

Die derzeit höheren Zinsen (Stand 2024: ca. 4-4,5%) erfordern eine besonders sorgfältige Rentabilitätsberechnung. Die Mietrendite muss deutlich über den Zinssatz liegen, um auch nach Abzug aller Kosten und Rücklagen profitabel zu sein. Zum Vergleich: 2021 waren noch Zinssätze um 1% üblich.

8 Fazit

Für den Neubau eines Mehrfamilienhauses zur Vermietung ist in der Regel ein Forward-Darlehen (Baukredit) die beste Wahl. Die wichtigsten Vorteile:

  • Keine Tilgung und Zinsen während der Bauphase

  • Erste Zahlungen erst bei ersten Mieteinnahmen

  • Flexible Auszahlung nach Baufortschritt

Die alternative Finanzierung über klassische Annuitätendarlehen oder endfällige Darlehen macht meist nur bei Bestandsimmobilien oder speziellen steuerlichen Konstellationen Sinn.

Lassen Sie sich von den anfallenden Bereitstellungszinsen nicht abschrecken – sie sind Teil einer für Sie vorteilhaften Gesamtstruktur. Entscheidend sind:

  • Eine realistische Kalkulation der Gesamtkosten

  • Die zu erwartenden Mieteinnahmen

  • Ausreichend Reserven für Risiken

  • Eine solide Rentabilitätsrechnung unter Berücksichtigung des aktuellen Zinsumfelds

Zum Abschluss noch der immer gültige DISCLAIMER: Obiges ist keine Finanzierungsberatung und ich garantiere nicht für die Richtigkeit jeglicher Informationen. Vor der Umsetzung sprechen Sie am besten mit einem qualifizierten Finanzierungsexperten.

9 Nachtrag

Im Nachgang haben mich noch diverse Kommentare erreicht, die alle sicher wichtig sind. Ich möchte die Sache allerdings nicht verkomplizieren. Falls weiter Details und Kommentare Sie interessieren:

  1. Definition des Eigenkapitalanteils:

    • Fehlender Hinweis: Eigenkapital muss nicht nur für den Grundstückskauf, sondern auch für Kaufnebenkosten (Notar, Grunderwerbsteuer) und evtl. Vorlaufkosten (Architekt, Gutachter) verfügbar sein.

    • Ergänzung: Diese Kosten können den Eigenkapitalbedarf um 10–15 % der Gesamtkosten erhöhen.

  2. Bereitstellungszinsen: Während Bereitstellungszinsen korrekt beschrieben sind, könnte erwähnt werden, dass manche Banken sie erst nach einer gewissen Frist (z. B. 6–12 Monate) erheben. Das könnte Einfluss auf die Gesamtberechnung haben.

  3. Tilgungsbeginn bei Forward-Darlehen: Es wird suggeriert, dass Forward-Darlehen immer erst mit Fertigstellung getilgt werden. Das ist meist der Fall, aber es gibt Varianten, bei denen während der Bauzeit Zinsen (keine Tilgung) fällig werden. Das sei zumindest mal erwähnt.

  4. Steuerliche Vorteile: Die steuerliche Absetzbarkeit der Zinsen und Bereitstellungszinsen während der Bauphase wäre einen Hinweis wert. Das ist besonders bei hohem persönlichem Steuersatz ein Vorteil.

  5. Alternative Darlehensformen: Die vorgestellten Alternativen (Annuitätendarlehen, Tilgungsaussetzungsdarlehen, endfälliges Darlehen) sind korrekt, allerdings werden sie für Neubauprojekte nur selten verwendet.
    Hatte ich allerdings schon erwähnt.

  6. Mietrendite und Finanzierung: Die Beispielrechnung mit 6 % Mietrendite (72.000 € Jahresmiete) ist realistisch, aber die Netto-Mietrendite (nach Abzug von Betriebskosten, Verwaltung, Instandhaltung) sollte man hervorheben. Diese liegt oft näher bei 4–5 %.

  7. Zinsbindung und Anschlussfinanzierung: Die Risiken nach Ablauf der Zinsbindung sind nur am Rande erwähnt; langfristigen Zinsbindung (z. B. 10–15 Jahre) kann sehr sinnvoll sein.

  8. Sondertilgungen und Flexibilität: Manche Darlehen erlauben Sondertilgungen, was für Investoren mit schwankendem Einkommen nützlich sein kann.
    Einen Fall hatten wir tatsächlich auch schon im Zinshaus Club.

  9. Fördermittel und Zuschüsse: Förderprogramme der KfW oder regionale Zuschüsse wären erwähnenswert, da sie den Eigenkapitalbedarf reduzieren können.

  10. Möglichkeit von Zwischenfinanzierungen: Manche Banken bieten Zwischenfinanzierungen für den Grundstückskauf oder vorbereitende Maßnahmen an, die später in den Baukredit umgeschichtet werden.

  11. Marktbedingungen 2024: Aufgrund der Zinslage ist der Eigenkapitalanteil aktuell oft deutlich höher als 20–30 % ist (z. B. 30–40 %).