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Mitarbeiterwohnen: Neue Perspektiven für Investoren
Für Unternehmensinhaber und unabhängige Mehrfamilienhaus-Investoren

Mitarbeiterwohnungen mit kurzen Wegen als Markvorteil und Investment-Modell
Inhaltsübersicht
Einführung
Der Wohnungsmarkt steht vor einer paradoxen Situation: Während Unternehmen händeringend nach Fachkräften suchen, scheitert die Anstellung oft an fehlendem bezahlbarem Wohnraum. Eine aktuelle Studie des BBSR zeigt die Dimension: Privatwirtschaftliche Unternehmen halten bereits heute über 675.000 Wohnungen und 46.000 Wohnheimplätze für ihre Mitarbeiter vor - Tendenz steigend. Für Investoren eröffnen sich hier interessante neue Perspektiven.
Quellen
Als Quelle dienen vor allem die Studie
Prof. Dr. Voigtländer et al.: Bestandsaufnahme zum Wohnen für Mitarbeitende. BBSR-Online-Publikation 123/2024.
sowie auszugsweise die ältere Untersuchung
von Bogelschwingh et al.: Mitarbeiterwohnen Aktuelle Herangehensweisen und modellhafte Lösungen. I.A. bearbeitet von der RegioKontext GmbH, Berlin, 2016.
Darüber hinaus greife ich auf Berichte von Bauherren in unserem Zinshaus Club zurück. Einige davon arbeiten direkt daran, mit lokalen Firmen zusammenzuarbeiten.
1 Aktuelle Marktsituation und Relevanz
Zwei Trends verstärken sich gegenseitig
Der Fachkräftemangel hat sich in den letzten Jahren drastisch verschärft. Im Jahr 2023 kamen auf jede offene Stelle (ohne Helfertätigkeiten) nur noch 0,8 Arbeitslose. Gleichzeitig spitzt sich die Lage am Wohnungsmarkt weiter zu: Die Baufertigstellungen sinken, während die Nachfrage besonders in wirtschaftsstarken Regionen weiter steigt.
Diese Entwicklung schafft ein zunehmendes Problem für Unternehmen: Ohne attraktiven und bezahlbaren Wohnraum können sie dringend benötigte Fachkräfte nicht gewinnen. Eine repräsentative Befragung zeigt, dass bereits 5,2% der Unternehmen direkte Unterstützung bei der Wohnraumversorgung anbieten - weitere 11,6% unterstützen ihre Mitarbeiter indirekt bei der Wohnungssuche.
Regionale Schwerpunkte bieten Chancen
Besonders ausgeprägt ist der Bedarf in:
Großstädten und deren Umland
Wirtschaftlich prosperierenden B-Städten
Regionen mit spezialisierten Industrieclustern
Touristischen Hotspots mit hohem Personalbedarf
In diesen Regionen können sich für Investoren besonders interessante Möglichkeiten ergeben. Denn hier treffen zwei wichtige Faktoren aufeinander: Eine nachhaltig hohe Nachfrage nach Wohnraum und zahlungskräftige Unternehmen als potenzielle Mieter oder Kooperationspartner.
Neue Relevanz eines alten Konzepts
Das "Werkswohnungs-Modell" erlebt aktuell eine Renaissance - allerdings in zeitgemäßer Form. Statt der klassischen Werkssiedlungen entstehen heute flexible Konzepte, die sowohl für Investoren als auch Unternehmen attraktiv sind. Die Bandbreite reicht dabei vom Bau eigener Mitarbeiterwohnungen durch Unternehmen bis hin zu innovativen Kooperationsmodellen zwischen Investoren und der Wirtschaft.
2 Chancen für Investoren
Für Investoren bietet das Mitarbeiterwohnen drei grundsätzliche Optionen - mit jeweils eigenen Chancen und Herausforderungen.
Option A: Investment als Unternehmer für eigene Mitarbeiter
Für Unternehmer, die selbst Mitarbeiter beschäftigen, bietet sich die Möglichkeit, Wohnungen im eigenen Portfolio zu halten. Der aktuelle BBSR-Forschungsbericht zeigt, dass dies besonders für mittlere Unternehmen mit 50-249 Mitarbeitern attraktiv ist. Die Vorteile:
Direkte Kontrolle über Vermietung und Verwaltung
Langfristige Vermögensbildung parallel zum operativen Geschäft
Steuerliche Vorteile seit 2020/21 durch verbesserte Rahmenbedingungen
Stärkung der Position im Wettbewerb um Fachkräfte
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung für ein typisches Objekt mit 12 Wohneinheiten (ca. 880m² Wohnfläche) zeigt: Bei einem Eigenkapitaleinsatz von 20% sind aktuell Nettokaltmieten zwischen 8,79€/m² und 12,72€/m² erforderlich - je nach Ausstattung und ob ein eigenes Grundstück vorhanden ist. Dies liegt in vielen angespannten Märkten deutlich unter den aktuellen Angebotsmieten.
Option B: Bau und Vermietung an Unternehmen
Für reine Investoren ohne eigenen Mitarbeiterbedarf eröffnet sich die Möglichkeit, gezielt für die Vermietung an Unternehmen zu bauen. Besonders interessant:
Langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Unternehmen
Geringeres Vermietungsrisiko durch Belegungsvereinbarungen
Mögliche Kooperation bei Grundstücksakquise (viele Unternehmen haben eigene Flächen)
Förderungsmöglichkeiten in einigen Bundesländern (z.B. Baden-Württemberg)
Eine Beispielkalkulation zeigt, dass bei dieser Variante durch die höhere Planungssicherheit auch etwas niedrigere Durchschnittsmieten darstellbar sind.
Option C: Kooperationsmodelle mit der Wohnungswirtschaft
Ein innovativer Ansatz ist die Entwicklung von gemischten Projekten in Kooperation mit der Wohnungswirtschaft:
Teilkontingente für Unternehmen, Rest frei vermietbar
Risikostreuung durch verschiedene Nutzergruppen
Flexibilität bei Vermietungskonzepten
Professionelles Management durch etablierte Partner
Entscheidungskriterien für Investoren
Bei der Wahl des passenden Modells sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:
Standort & Marktumfeld
Lokale Wirtschaftsstruktur
Nachfragepotenzial durch Unternehmen
Allgemeine Marktmieten und -dynamik
Investment-Parameter
Verfügbares Investitionsvolumen
Gewünschter Eigenkapitaleinsatz
Angestrebte Rendite
Zeithorizont der Investition
Operativer Aufwand
Vorhandene Verwaltungsstrukturen
Kooperationsmöglichkeiten
Gewünschter Grad der Einbindung
Risikoprofil
Vermietungsrisiko
Abhängigkeit von einzelnen Mietern/Branchen
Exitoptionen
Die genaue Analyse dieser Faktoren ist entscheidend für den langfristigen Erfolg des Investments. Bemerkenswert dabei: Etwa 24% der aktuellen Mitarbeiterwohnungen entstanden durch Neubau - hier besteht also noch erhebliches Wachstumspotenzial für Investoren.

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3 Praktische Umsetzung
Die erfolgreiche Realisierung von Mitarbeiterwohnen hängt entscheidend von der richtigen Strukturierung ab. Hier die wichtigsten Aspekte für Investoren:
Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
Bei der Vermietung von Mitarbeiterwohnungen stehen verschiedene rechtliche Modelle zur Verfügung:
1. Klassische Mietverhältnisse
Unbefristete Verträge ohne Koppelung an das Arbeitsverhältnis
Höchste Sicherheit für Mieter
Geringste Flexibilität für Vermieter/Unternehmen
2. Werksmietwohnungen
Koppelung an das Arbeitsverhältnis möglich
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 3 Monate Kündigungsfrist (bei Mietverhältnissen unter 10 Jahren)
Gute Balance zwischen Mitarbeiterbindung und Flexibilität
3. Zeitlich befristete Lösungen
Für Einarbeitungszeiten/Probezeit
Maximal 9 Monate empfehlenswert
Ideal für internationale Fachkräfte oder Auszubildende
Steuerliche Optimierung
Seit 2020/21 haben sich die steuerlichen Rahmenbedingungen deutlich verbessert:
Für vermietende Unternehmen:
Vergünstigte Vermietung bis zu 2/3 der ortsüblichen Miete ohne Nachteil möglich
Verluste aus Vermietung steuerlich abzugsfähig
Abschreibungsmöglichkeiten wie bei normaler Wohnungsvermietung
Für Mitarbeiter:
Kein geldwerter Vorteil bei Mieten ab 2/3 der ortsüblichen Vergleichsmiete
Keine Sozialversicherungspflicht auf Mietvorteile seit 2021
Besondere Vorteile bei Wohnheimen für Auszubildende
Fördermöglichkeiten nutzen
Die Errichtung von Mitarbeiterwohnungen kann durch verschiedene Programme unterstützt werden:
KfW-Programme
Energieeffizientes Bauen
Programm "Klimafreundlicher Neubau"
Allgemeine Wohnraumförderung
Länderprogramme
Spezielle Förderung in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern
Integration in reguläre soziale Wohnraumförderung möglich
Oft kombinierbar mit KfW-Mitteln
Kommunale Unterstützung
Vergünstigte Grundstücke
Beschleunigte Genehmigungsverfahren
Beratung bei Umnutzung von Gewerbeflächen
Effiziente Projektentwicklung
Für eine erfolgreiche Umsetzung empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
Bedarfsanalyse
Konkrete Nachfrage im Unternehmensumfeld
Gewünschte Wohnungsgrößen und Standards
Preisvorstellungen potenzieller Nutzer
Standortwahl
Verfügbarkeit von Grundstücken/Bestandsimmobilien
Planungsrechtliche Situation
Verkehrsanbindung zu relevanten Arbeitgebern
Finanzierungsstruktur
Optimale Kombination von Eigen- und Fremdkapital
Integration von Fördermitteln
Steuerliche Optimierung
Betriebskonzept
Verwaltungsstruktur
Vermietungsmanagement
Service-Angebote
Ein besonders wichtiger Erfolgsfaktor: Die frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder, insbesondere der Kommunen. Die aktuelle BBSR-Untersuchung zeigt, dass Kommunen dem Thema zunehmend offen gegenüberstehen, da es zur Entlastung des lokalen Wohnungsmarkts beiträgt.
4 Praxisbeispiele und Erfahrungen aus der Praxis
Die aktuelle BBSR-Studie (2024) zeigt anhand konkreter Fälle, wie unterschiedlich Unternehmen das Thema Mitarbeiterwohnen angehen. Besonders aufschlussreich sind dabei die Erfahrungen aus verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen.
Aktuelle Beispiele und Entwicklungen
Internationale Fachkräftegewinnung: Eine süddeutsche Wäscherei beschäftigt 40 Mitarbeiterinnen aus Osteuropa und stellt Wohnraum durch Anmietung zur Verfügung. Die geplante Expansion auf 60 Mitarbeiter scheitert aktuell nicht etwa an fehlenden Aufträgen, sondern am Mangel weiterer Wohnungen. Dies zeigt exemplarisch: Mitarbeiterwohnungen sind oft der entscheidende Faktor für Unternehmenswachstum.
Flexible Nutzungskonzepte: Ein großer Softwareentwickler hat seinen Bestand von 40 auf 20 Wohnungen reduziert - nicht aus mangelndem Bedarf, sondern wegen zunehmend hybrider Arbeitsmodelle. Die verbleibenden Wohnungen werden vor allem für die Einarbeitungsphase internationaler Fachkräfte genutzt. Besonders relevant: Bei außereuropäischen Bewerbern ist eine gesicherte Wohnung sogar Voraussetzung für die Visa-Erteilung.
Traditionelle Werksbestände neu gedacht: Ein Pharmaunternehmen nutzt seine werknahen Wohnungsbestände gezielt für ukrainische Fachkräfte und deren Familien. Die Lage nahe der Produktion, die für andere Mieter wegen Lärm und Emissionen wenig attraktiv ist, wird hier zum Vorteil.
Wiedereinstieg ins Thema: Interessant ist der Fall eines Omnibusunternehmens: In den 70er Jahren wurden die damaligen Mitarbeiterwohnungen verkauft, vor fünf Jahren aber aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes wieder eigene Bestände erworben. Ein Trend, der sich auch bei anderen Unternehmen zeigt.
Zentrale Erkenntnisse für Investoren
Die Expertengespräche der BBSR-Studie offenbaren wichtige Einsichten für potenzielle Investoren:
Nutzungsverhalten:
Viele ausländische Mitarbeiter nutzen die Wohnungen temporär
Nach Eingewöhnung suchen viele eine eigene, oft größere Wohnung
Dadurch entsteht natürliche Fluktuation für Nachvermietung
Marktbedingungen:
Lokale Wohnungsunternehmen oft ausverkauft
Klassische Belegungsrechte schwer zu bekommen
Wachsender Bedarf besonders in wirtschaftsstarken B-Städten
Erfolgsfaktoren:
Standortnähe zum Betrieb oft wichtiger als Top-Lage
Flexibilität bei Wohnungsgrößen und Ausstattung
Professionelles Management entscheidend
Aktuelle Trends:
Fokus auf internationale Fachkräfte steigt
Temporäre Nutzung nimmt zu
Kooperationsmodelle werden beliebter
Herausforderungen und Lessons Learned
Die praktischen Erfahrungen zeigen auch typische Stolpersteine:
Zu komplexe oder unflexible Mietverträge
Fehlende Verwaltungsstrukturen
Unterschätzte Nebenkosten
Mangelnde Trennung von Arbeits- und Mietverhältnis
Für Investoren bedeutet dies: Der Erfolg hängt stark von der richtigen Positionierung und einem professionellen Management ab. Besonders vielversprechend sind Konzepte, die sich auf spezifische Zielgruppen wie internationale Fachkräfte konzentrieren und flexible Nutzungsmodelle anbieten.
5 Fazit und Ausblick
Mitarbeiterwohnen entwickelt sich zu einem zunehmend relevanten Marktsegment im Wohnungsbau. Die aktuelle BBSR-Studie zeigt mit 675.000 bestehenden Wohnungen die beachtliche Dimension. Noch wichtiger: Fast ein Viertel dieser Wohnungen entstanden durch Neubau - hier liegt das größte Potenzial für Investoren.
Entwicklungstrends
Mehrere Faktoren sprechen für eine weiter wachsende Bedeutung des Segments:
Verschärfung des Fachkräftemangels
Demografische Entwicklung verstärkt den Trend
Zunehmender internationaler Wettbewerb um Talente
Steigende Bedeutung zusätzlicher Arbeitgeberleistungen
Anhaltende Wohnungsmarktanspannung
Rückläufige Baugenehmigungen
Steigende Mieten besonders in B-Städten
Wachsende Bedeutung der Work-Life-Balance
Neue Zielgruppen
Stärkerer Fokus auf internationale Fachkräfte
Wachsende Bedeutung temporärer Wohnformen
Spezifische Angebote für Auszubildende
Verbessertes regulatorisches Umfeld
Steuerliche Vorteile seit 2020/21
Neue Förderprogramme in einzelnen Bundesländern
Wachsende kommunale Unterstützung
Handlungsempfehlungen für Investoren
Für einen erfolgreichen Einstieg in das Segment empfehlen sich folgende Schritte:
1. Marktanalyse
Fokus auf wirtschaftsstarke B-Standorte
Analyse lokaler Unternehmensstrukturen
Prüfung kommunaler Unterstützungsmöglichkeiten
2. Zielgruppenauswahl
Konzentration auf spezifische Bedarfe
Berücksichtigung internationaler Fachkräfte
Flexibilität bei Nutzungskonzepten
3. Partnerschaften
Frühzeitige Einbindung potenzieller Nutzerunternehmen
Kooperation mit der Wohnungswirtschaft prüfen
Dialog mit Kommunen suchen
4. Wirtschaftliche Ausrichtung
Realistische Renditeerwartungen (moderate Basisrendite)
Nutzung aller Fördermöglichkeiten
Professionelles Management sicherstellen
Ausblick
Das Segment "Mitarbeiterwohnen" bietet für Investoren interessante Perspektiven - allerdings nicht als schnelle Renditemöglichkeit, sondern als langfristig stabiles Investment mit zusätzlichen Vorteilen:
Planbare Auslastung durch Unternehmenspartner
Geringeres Mietausfallrisiko
Positive Nebenwirkungen für regionale Wirtschaft
Wachsendes politisches Interesse und Unterstützung
Der Erfolg wird dabei maßgeblich von der richtigen Positionierung und einem professionellen Management abhängen. Besonders vielversprechend erscheinen Konzepte, die sich auf spezifische Zielgruppen wie internationale Fachkräfte konzentrieren und flexible Nutzungsmodelle anbieten.
Für private Investoren bietet sich die Chance, durch clevere Konzepte eine Win-Win-Situation zu schaffen: Attraktive, wenn auch moderate Renditen für sich selbst bei gleichzeitiger Unterstützung der lokalen Wirtschaftsentwicklung.